Mitarbeiter werden in ganz Europa überlassen. Obwohl die EU mit div. regulierenden Eingriffen europaweiter Standards setzt, unterscheiden sich die Systematiken innerhalb der Europäischen Union. Die in Europa angewendeten Formen lassen sich grob in zwei Richtungen einordnen:
- Agenturprinzip
Beim Agenturprinzip trägt der Personaldienstleister die Aufgabe einer Vermittlungsagentur zwischen Arbeitssuchenden und Unternehmen mit Vakanzen. Typische Arbeitgeberrisiken (Beschäftigung in einsatzfreien Zeiten, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc.) werden in aller Regel nicht übernommen. Der Vertrag zwischen Zeitarbeitnehmer und Zeitarbeitsunternehmen ist immer auf die Länge des Einsatzes im Kundenbetrieb befristet (Synchronisation, d. h. der Vertrag zwischen Zeitarbeiter und Agentur ist zeitlich identisch mit dem Vertrag zwischen Agentur und Einsatzunternehmen). Die meisten EU-Mitgliedsstaaten orientieren sich am Agenturmodell. Das Risiko über eine weitere Beschäftigung trägt der Zeitarbeiter!
- Arbeitgeberprinzip
In Deutschland wird für die Zeitarbeit das so genannte Arbeitgeberprinzip angewendet, d. h. es gelten die gleichen Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie bei einem Arbeitsverhältnis außerhalb der Branche. Das Zeitarbeitsunternehmen hat entsprechend alle Pflichten eines Arbeitgebers und trägt das volle Beschäftigungsrisiko bei einsatzfreien Zeiten. Dennoch wird von sog. prekären Arbeitsverhältnissen gesprochen, obwohl dies einen hohen Schutz für die Arbeitnehmer bedeutet.
In Europa wenden neben Deutschland nur Österreich, Schweden, Schweiz und die Niederlande (jedoch erst ab einer bestimmten Beschäftigungsdauer) das „reine“ Arbeitgeberprinzip an. Auffallend ist, dass bei den vorher genannten Ländern in Deutschland auch noch die höchste Regulierungsdichte vorzufinden ist! Die Zeitarbeit in Deutschland ist so umfassend geregelt und tarifiert, dass die Zeitarbeit ihre Funktion als Flexibilisierungsinstrument der deutschen Wirtschaft und Chance für Gering- und Nichtqualifizierte nicht immer vollumfänglich wahrnehmen kann.
Eine Übersicht:
Land | Arbeitgeberprinzip | eher Arbeitgeber |
eher Agentur |
Agenturprinzip |
Belgien | X | |||
Dänemark | X | |||
Deutschland | X | |||
Finnland | X | |||
Frankreich | X | |||
Großbritannien | X | |||
Italien | X | |||
Niederlande | Ab 1,5 Jahre | Bis 1,5 Jahre | ||
Österreich | X | |||
Polen | X | |||
Schweden | X | |||
Slowakei | X | |||
Slowenien | X | |||
Spanien | X | |||
Tschechien | X | |||
Ungarn | X | |||
Schweiz | X |
Agenturprinzip am Beispiel Frankreich:
Nachdem von deutschen Politikern immer wieder gerne das Beispiel Frankreich aufgegriffen wird, weil dort die Zeitarbeiter mehr verdienen würden als Stammmitarbeiter, einige Anmerkungen zu Frankreich:
Die Politik hat ebenso wie in Deutschland 1972 Zeitarbeit erstmals entsprechend reguliert. Zeitarbeitseinsatz ist nur möglich, wenn eine vorübergehend abwesende Stammkraft ausgeglichen wird, vorübergehend größere Auftragseingänge und damit verbunden entsprechende Auslastung (aber nur, wenn in den letzten sechs Monaten keine Entlassungen vorgenommen wurden), saisonale Schwankungen.
Auch in Frankreich gibt es eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten und als Entlohnung erhalten die Zeitarbeiter Equal Pay ab dem ersten Tag zuzüglich 10 % (wie andere befristet Beschäftigte unter bestimmten Bedingungen auch!).
Zeitarbeiter erhalten zwar mehr Geld, aber haben weniger Schutz, der deutlichste Unterschied ist aber die fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in Frankreich.
Die französischen Personaldienstleister müssen einen Prozentsatz der Lohnsumme in einen Weiterbildungsfond einbezahlen.
Aufgrund der zeitlichen Gleichschaltung zwischen den beiden Vertragsverhältnissen überrascht es nicht, dass die Gefahr, als Zeitarbeiter in Frankreich nach einem Arbeitseinsatz arbeitslos zu werden, wesentlich höher ist, als in Deutschland. Hier halte ich den Begriff eines prekären Arbeitsverhältnisses für durchaus angemessen!
Es gibt noch einen weiteren gravierenden Unterschied: der Ruf der Zeitarbeit und die Grundhaltung zur Zeitarbeit ist in Frankreich ist deutlich besser.
Wenn deutsche Politiker das Modell Frankreich loben, sollten Sie nicht nur die 10 % Prekariatszulage betrachten, sondern auch das hohe Risiko französischer Zeitarbeiter sehen. Auf deutsches Recht bezogen, wäre die französische Form der Zeitarbeit eher als Scheinselbständigkeit einzustufen.